Tipps der Woche

Kalenderwoche 29/2023

Café Leben

Von Jo Leevers

Ergreifend schreibt die britische Autorin in diesem Buch über Leben und Tod und zeigt auf, wieviel Macht das Erinnern und das Erzählen hat, um alte Wunden zu heilen. Nach dem Tod ihrer schwer kranken Mutter wurde ihr bewusst, dass sie immer davon ausgegangen war, dass sie sich irgendwann mal zusammen hinsetzen würden und ihre Mutter ihr ihre Lebensgeschichte erzählt. Leider ist ihre Mutter 4 Wochen nach der Diagnose verstorben und diese Gespräche haben nie stattgefunden. So entstand bei ihr die Ursprungsidee vom Café Leben. Im Café Leben soll todkranken Menschen, die Möglichkeit gegeben werden, ihre Geschichten mit ihren eigenen Worten zu erzählen, um selbst Frieden zu schliessen und um den Liebsten ein Geschenk zu hinterlassen.

Die 32-jährige Henriette Lockwood lebt in London, führt ein zurückgezogenes Leben. Zwischen ihr und der Welt hat sie schon früh eine Mauer errichtet und lässt keine Menschenseele an sich ran. Sie hat ihren Job als Bibliotheksangestellte verloren und ist auf der Suche nach einer neuen Arbeit. Sie bewirbt sich bei einem Hospiz für schwerkranke Menschen für das Projekt „Lebensbuch“. Empathie ist zwar nicht ihre Stärke, sie hält sich selbst für unsentimental und emotionslos, aber sie schreibt gerne. Denn ihre Aufgabe besteht darin, die Lebensgeschichten von todkranken Menschen aufzuschreiben und in einem Buch zu verarbeiten. Die schwer erkrankte Annie ist die erste Klientin, deren traurige Lebensgeschichte Henriette aufschreiben soll. Annie möchte mit ihrer Vergangenheit abschliessen. Bei der wöchentlichen Gesprächsstunde merkt Henriette, dass etwas in Annie’s Erzählung nicht stimmt. Irgendwie weicht sie schlimmen Erinnerungen aus. Doch es ist klar, ohne die wird ihre Geschichte nie vollständig sein. Annie hat ihr erzählt, dass ihre Schwester vor 46 Jahren spurlos verschwunden ist. Das lässt Henriette keine Ruhe und sie versucht, auf eigene Faust herzauszufinden, was Annie’s Schwester zugestossen ist. Dabei wird sich Henriette bewusst, dass sie nur weiter kommt, wenn Henriette auch ihre eigene Geschichte erzählt – und die beinhaltet auch Tragisches. Beide Frauen hatten kein leichtes Leben und während des Prozesses entwickelt sich eine Freundschaft zwischen den zwei Frauen. Durch das Verarbeiten alter Erinnerungen kommen sie sich näher.

Meine Meinung zum Buch:

Mir hat dieses Buch vor Augen geführt, wie wichtig es ist, dass wir auch über den Tod reden. Wir grenzen ihn in unserem Leben gern aus, aber er gehört doch dazu. Wie wichtig es ist, sich mit dem Tod zu beschäftigen, spiegelt diese Geschichte wider. Mir ging die Geschichte sehr zu Herzen. Das Buch ist wunderbar geschrieben und ich kann es nur empfehlen.

Denise Meier

am 17. Juli 2023

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